Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts
Erst am 8. Dezember 1957 kam es zu einer Neugründung des Vereins
Die Vorstandschaft setzte sich wie folgt zusammen:
- 1. Vorstand: Josef Denz
- 2. Vorstand: Hans Singer
- Schriftführer: Erich Kopp
- Kassier: Josef Bohner
- Turnwart: Gebhard Stöckle mit Unterstützung der Altturner Benedikt Hangarter und Josef Ruf
- Vereinsdiener: Eugen Stöckle
Schon im Juni des folgenden Jahres konnte man sich am Gauturnfest in Singen beteiligen. Die Vereinsriege schnitt mit der Note «gut» ab. Ulrich Jentsch kam in der Jugendklasse auf den 5. Platz und der 1. Vorstand Gärtnermeister Josef Denz, der bereits vor dem 1. Weltkrieg, während seiner Gesellenjahre vom Wiener Turnverein als bester Kunstturner in die Balkanländer entsandt wurde, ging wieder einmal als 1. Sieger, diesmal bei den Altturnern, hervor.
Die Übungsstunden waren damals gut besucht. Anfangs turnte man im Saal des Gasthauses Adler, später in dem des Hotels Frieden.
1959 konnte der Verein erstmals an einer Osterveranstaltung im Hotel Frieden wieder an die Öffentlichkeit treten. Der Abend kam sehr gut an mit Turnerischen Leistungen der Ober- und Unterstufe an Pferd, Barren und Reck. Auch Freiübungen und Bodenturnen wurden gezeigt, eine Ballgymnastik der Mädchenriege einstudiert von Ilse Schmitz, ein Frühlingsreigen mit Fräulein Schoch/Gaienhofen, die obligatorische Pyramide der Turner, Tanz der Frauen in historischen Kostümen von Gertrud Glasow einstudiert und ein Lustspiel der Frauenriege «Die neue Stütze».
Ein voller Saal mit vielen auch auswärtigen Gästen, ein glänzender Abend! Im Oktober desselben Jahres gab die Turnerschaft Josef Denz, der zweimal erster Vorsitzender im Verein, Oberturnwart und bester Turner, Schwimmer und Läufer gewesen war, das letzte Geleit.
Inzwischen hatte man Hans Singer zum ersten Vorsitzenden gewählt. Er war ein guter Turner und Schwimmer. Übrigens schwimmt er bis heute täglich einmal im See, wie seinerzeit Dr. Wolf (Gauschwimmwart und Freund und Gönner des Vereins). Ja, im Winter haut er, wenn nötig, sogar das Eis auf um wenigstens einmal untertauchen zu können. Hans Singer verstand es besonders gut, Feste zu arrangieren.
An einer Fastnachtsveranstaltung des Vereins am 7. Februar 1960 im Hotel Frieden brachte er die leibhaftigen «Moofänger», Urahnen der Wangener, auf die Beine. In feierlichem Gänsemarsch kamen sie durch den verdunkelten Saal, auf dem Kopfe ein Fässchen mit einem Halbmond daran, gelbe Trikots, blaue Schaumstoffwesten und eine leuchtende Vollmonlaterne in der Hand. Nach den Klängen Paul Kuhns «Die Fahrt zum Mond hat sich gelohnt» (Die Platte musste extra aus dem Archivangefordert werden) tanzten Wangener Turner hinauf zum Mond. Man bedenke, bereits neun Jahre vor Neil Armstrong!
Die Moofänger wurden einige Zeit später vom Wangener Narrenverein als echte Zunft übernommen.
Die Osterveranstaltung 1962 im Adler war auch sehr gut gelungen. Gymnastik, Turnen, Tänze der Mädchen und ein Ritterspiel der Schüler, eingeübt von Frau Ilse Schmitz, ein Menuett der Damenriege von Frau Gertrud Glasow eingeübt. Den größten Beifall erhielt jedoch die Altersturnergruppe mit einem zünftigen Holzhackertanz. Erinnerlich von anderen Veranstaltungen sind noch die Theaterstücke «Ehestand -Wehestand» und «Das Heiratsgenie», auch die von Frau Ilse Schmitz und ihrer Tochter Beate teilweise selbstgeschriebenen Märchenspiele für die Jüngsten, Rumpelstilzchen und Hans im Glück.
Hier darf einmal erwähnt werden, wessen Verdienst es auch war, dass Feste so herrlich gefeiert werden konnten. In Küchen und Wohnstuben liefen alle Fäden zusammen und wurden Vorbereitungen getroffen. Frauen und Mädchen waren es, die im Hintergrund dem Verein still und unermüdlich dienten. Nirgends sind ihre Namen verzeichnet, aber beim Lesen dieser Zeilen, wird man sich manch lustiger Abendstunde, in der gewerkelt, genäht und gelernt wurde und vieler Namen erinnern.
Der Verein wuchs. Hauptsächlich Kinder und Jugendliche wurden Mitglieder. Rege war die Beteiligung an Bundesjugendspielen und Gauschülerturnfesten. Viele Siegerurkunden und -sträußchen konnten mit heimgebracht werden.
Elisabeth Ruf erreichte einmal an den Bundesjugendspielen 1961 in der Leichtathletik die höchste Punktzahl.
Sie war damals auch beste Kunstturnerin im Verein.
Weitere gute Turner in diesen Jahren waren...
- Hubert Ludes
- Gerhard Ludes
- Erich Kopp
- Jakob Balg
- Hans Singer
- Erich Wolf
- Ulrich Jentsch
und bei den Mädchen...
- Manuela BaIbach
- Hannelore Graf ( Gaienhofen)
Sehr viel Idealismus brachten die damaligen Turnwarte mit: Gebhard Stöckle, Hubert Ludes, Josef Ruf, Erich Wolf, Jakob Balg, Gerhard Ludes, Werner Wieland und Ulrich Jentsch. Als Turnwartin hatte sich ganz besonders die ehemalige Gymnastiklehrerin Ilse Schmitz verdient gemacht.
Allmählich wirkte sich aber das Fehlen einer Turnhalle nachteilig auf das Vereinsleben aus, insbesondere auf die Übungsstunden. Die Obsthalle, in die man nach dem Umbau des Hotels Frieden ausgewichen war, stellte auch nur eine Notlösung dar. Die Frage nach einer Turnhalle, die bereits in den 20er Jahren angeklungen war, lief nun wie ein roter Faden durch sämtliche Versammlungen und löste heiße Debatten aus.
Dagegen gehören die Bergturfeste, die weit über Wangens Grenzen hinaus bekannt wurden, zu den schönsten Erinnerungen. Auf Initiative des damaligen 1. Vorstandes Josef Ruf, konnten mehrere Bergturnfeste im Laufe der Jahre auf der Wangener «Kleewies» abgehalten werden.
Ein Protokoll aus dem Jahre 1963 vom damaligen Schriftführer Hans Singer sei hier wiedergegeben:
"Bergturnfest am 15. September auf der «Kleewies». Niemand hätte vermutet, dass das Bergturnfest in Wangen einen solch nachhallenden Erfolg zeitigen würde - nicht nur wegen der gezeigten Leistungen, sondern, weil dieser herrliche Fleck dem Turnfest einen glänzenden Rahmen bot. Bei strahlendem Sonnenschein eilten die Teilnehmer und Gäste zu dieser Wettkampfstätte, um sich auf mehr volkstümliche Art im Kampf zu messen."
Mit einem Feldgottesdienst von H. H. Pfarrer Würth abgehalten, wurde das Fest eingeleitet. Nach der Begrüßung durch Gauoberturnwart König begannen die Wettkämpfe der 35 Vereine mit über 600 Teilnehmern. Am Nachmittag war erst ein Faustballspiel. Die Rielasinger Turnerjugend führte einen Volkstanz vor, anschließend folgte das glänzende Schauturnen am Barren, Stufenbarren, Reck und Pferd. Dann gab es eine Pendelstaffel der Vereine und schließlich ein Trampolinspringen. Mit einer Gymnastik der gesamten Festteilnehmer begann die Siegerehrung.
Der Gauoberturnwart überbrachte die Grüße des erkrankten Gauvertreters. Bürgermeister Schnur begrüßte alle auswärtigen Gäste, sowie den Stab des Hegau-Bodensee Turngaues. Ein Gedenken an den verstorbenen Ehrenvorstand Josef Denz folgte.
Ehrenpräsident Dr. Wolf begrüßte im Besonderen die Gäste aus der Schweiz und gedachte auch der Brüder in der Ostzone. Der Turngau dankte den Wettkämpfern und ehrte ihren Sieg. Er dankte auch für alle Mühe zum guten Gelingen des Festes beigetragen zu haben, im Besonderen dem 1. Vorstand Josef Ruf. Abends war Tanz im Gasthaus zum Adler.
1964 wurde dieses Fest auch wieder zu einem großen Erfolg. Während des Festgottesdienstes und der Wettkämpfe war zwar der Himmel noch verhangen, aber am Nachmittag erstrahlte das Festgelände im Sonnenschein und der herrliche Blick auf den See und in die Ferne bis zu den Schweizer Bergen ließ die Herzen höher schlagen.
Zur fröhlichen Stimmung trugen die Wangener Musikkapelle und der Männergesangverein mit bei. Während seiner Begrüßungsansprache überreichte Bürgermeister Max Schnur dem Verein einen von der Gemeinde gestifteten Silberpokal anlässlich seines 60jährigen Bestehens. 550 Turnerinnen und Turner erhielten wieder eine Auszeichnung.
Zum Ausklang war Tanz im Hotel Frieden.
Das letzte Bergturnfest 1974 gab dem in den letzten Jahren aufgekommenen Freizeitsport mehr Raum. Fitnesstest und Volksmarsch wurden ins Programm aufgenommen. 230 Wanderfreunde zogen in aller Frühe über die Höhen des Schienerberges. Jeder Teilnehmer erhielt nach Abstempelung seiner Kontrollkarte eine Medaille. Auch die Sieger des Fitnesstestes erhielten Medaillen. Gauturnwart Franz Schanz nahm die Siegerehrungen vor. Der Bergturnfest-Wettkampfpokal ging nach Meersburg.
Allgemeine Überraschung und Freude herrschte an der Generalversammlung am 8. April 1973, als Bürgermeister Manfred Grahammer bei einer Ansprache an den Verein berichtete, dass 500.000,- DM im neuen Haushaltsplan der Gemeinde für den Bau einer Mehrzweckhalle eingesetzt worden waren.
Am 20. August 1974 erfolgte bereits der erste Spatenstich und am 6. September 1975 konnte die ein halbes Jahrhundert lang herbeigesehnte Halle, der man den Namen «Höri Strandhalle» gab, eingeweiht werden.
Die letzte und vielleicht schönste Tat der Wangener Gemeinde vor ihrer zwangsweisen Eingemeindung in die Großgemeinde Öhningen.
Ein Meilenstein in der Wangener Geschichte und in der Geschichte des Turnvereins. Für viele schöne Feste, wie sie die Wangener schon zu alten Zeiten zu feiern wussten, hatte man jetzt eine würdige Stätte gefunden. Vor allem aber konnte der Wangener Turnverein nun auf seiner ganzen Breite ein Programm für Jung und Alt entfalten.
An der Einweihungsfeier beteiligte sich der Verein auch mit guten Darbietungen besonders der Jugend.
Interessant dürfte vielleicht noch sein, dass bereits Ende der 30er Jahre eine Sporthalle, ungefähr in Größe der neuen Halle, westlich des damaligen HJ Heimes (jetzt «Seestüble» und Kindergarten) mit einem Verbindungsgang zu demselben, geplant wurde. Der 2. Weltkrieg verhinderte die Ausführung. Bei der Grundsteinlegung der Höri Strandhalle mauerte man einen vollständigen Plansatz mit genauer Beschreibung des damaligen Projektes mit ein.
Kurz vor der Halleneinweihung trat die Damengymnastikriege dem Verein bei. Sie wurde im Jahre 1972 von H. H. Pfarrer Würth ins Leben gerufen und hielt ihre Übungsstunden zunächst im Pfarrheim, später im Gymnastikraum der neuen Schule im Oberdorf ab. Übungsleiterin Marlene Gunold, die gleich zu Anfang die Gruppe übernommen hatte, versteht es meisterlich, die Frauen wieder fit zu machen mit Gymnastik, Bodenturnen, Ballspielen, Übungen an Schwebebalken und Sprossenwand usw. Auch Schwimm-, Wander- und Rodelstunden werden eingelegt.
Am 26. März 1976 wurde der Verein abermals in das Vereinsregister beim Amtsgericht Radolfzell als Turn- und Sportverein unter der Nummer 135 eingetragen. Die frühere Eintragung war inzwischen erloschen.
An der Generalversammlung vom 23. Januar 1976 musste leider Josef Ruf sein Amt als erster Vorsitzender aus gesundheitlichen Gründen und altershalber niederlegen. 57 Jahre lang hatte er dem Verein treu gedient, nicht nur als fleißiger Turner in seiner Jugend, sondern auch als Turnwart und 13 Jahre lang als erster Vorstand. Durch die Neuwahlen rückte Frau Theresia Schneider an seine Stelle.
Die neue Halle war jetzt fast jeden Abend von einer Turn- oder Sportgruppe des Vereins belegt. Mit viel Freude und Eifer und ganz besonderem persönlichen Einsatz der Turnassistentin Gertrude Joksch, die inzwischen Sport studiert, wurden neue Riegen gebildet, unter anderen Volleyballgruppen für Damen und Herren.
Kindergartenturnen wurde von Theresia Schneider eingeführt und die ersten Feste in der neuen Halle kamen gut an.
Eine Veranstaltung Ostern 1976
Kastenübungen und Bodenturnen der Knaben, Mädchen (die Jüngste erst 4 Jahre alt) mit Übungen am Stufenbarren und auf der Matte, ein japanisches Ballet von der 8jährigen Ariela Schneider, Gymnastik im Walzerrhythmus, vorgeführt von der Gymnastikgruppe Gailingen und das Lustspiel «Die Verkehrte Heirat» bildeten ein abwechslungsreiches Programm. Eine Tombola mit einem Markenfahrrad als 1. Preis erfreute zum Schluss die Besucher.
Die Weihnachtsfeier 1976 war besonders gut gelungen. Die Jüngsten des Vereins durften einen Abend ganz alleine nach ihren Ideen gestalten: Turnen, Gymnastik, ein Chor mit Gitarrenbegleitung, Flöten- und Klavierspiele, Gedichte und das Märchenspiel «Schneewittchen» erfreuten die Besucher.
Übungsleiterinnen in der Zeit waren: Eva Jelinek, Elke Triebel, Gertrude Joksch, Manuela Balbach, Michaela Hirschmann und Sonja Knopf.
Übungsleiter, Jakob Balg.
An einem Gartenfest vor der Halle überreichte Gauvorsitzender Franz Schanz dem ehemaligen Vorstand Josef Ruf die Ehrennadel des Deutschen Turnerbundes.
Damals ahnte er noch nicht, dass man ihn 1 1/2 Jahre später noch einmal zum 1. Vorsitzenden des Vereins wählen würde.
Im November 1977 stellte Frau Theresia Schneider aus familiären Gründen ihr Amt als 1. Vorsitzender wieder zur Verfügung. In ihrer kurzen Amtszeit hatte sie sich zusammen mit ihrer Tochter Trudi Joksch sehr für den Verein engagiert. Der Bau eines Sportplatzes und ein Babysitter Dienst wurden unter anderem geplant.
Auf der Generalversammlung 1978 war es leider nicht möglich, einen neuen Vorstand zu finden und so stellte sich Josef Ruf noch einmal im Alter von 72 Jahren zur Verfügung. Die gesamte Turnerschaft ist ihm zu größtem Dank verpflichtet.
1979 feierte der Turn-und Sportverein sein 75jähriges Jubiläum mit einer kleinen Feier für Mitglieder und geladenen Gästen. Auch ein großer Unterhaltungsabend mit Einlagen der Wangener Fereinsjugend und mit anschließendem Tanz wurde veranstaltet.