Die Gründung des Turnvereins "Jahn" im Jahre 1904
Der eigentliche Begründer des Turnvereins "Jahn" in Wangen war Wilhelm Oberle...
... ein gebürtiger Öhninger, seinem Stande nach Friseur und Barbier.
Er war ein vielseitig interessierter und begabter Mann, der immer und überall Rat wusste, zugleich aber ein lustiges Original ersten Ranges. Neben Haare schneiden und rasieren zog er auch manchen Wangener Zahn. Er hatte als erster Gaslampen im Hause, selbstgebaut, mit Zuleitungen aus einem Karbithäuschen, was heute noch in Wangen zu sehen ist. Auch hatte er sich einen richtigen Fotoapparat gebastelt und fuhr später das erste Motorrad auf der Höri. Am meisten muss ihn aber das auf dem Lande langsam populär werdende Turnen interessiert haben. Auf einer großen steinernen Kugel in seinem Garten wusste er allerlei akrobatische Kunststücke vorzuführen.
Alsbald sammelte er eine kleine Schar turnbegeisterter junger Männer und Buben um sich und begann mit ihnen bereits im Jahre 1903 zu turnen. Bald darauf machte er den Vorschlag, einen Verein zu gründen.
Dies wurde feierlich durch Handschlag, welcher damals noch als echter Geschäftsabschluss galt, unter dem Blätterdach zweier "Hatebirreböm" hinter der jüdischen Synagoge am See, bekräftigt.
Dort war übrigens auch der erste Turnplatz mit einem einzigen Universalturngerät. Doch davon später.
Am 23. August des Jahres 1904 erlebte der Turnverein, dem man an der ersten ordentlichen Sitzung den Namen "Jahn" gab, seine Geburtsstunde.
Man war im Gasthaus Adler, damals von einer Familie Dietrich bewirtschaftet, zusammengekommen. Elf Männer leiteten die neue Zeit der gesunden Körperentfaltung in Wangen ein. Eine Wahl wurde abgehalten. Als Vorstand wählte man Robert Hangarter, Küfermeister. Er war übrigens der Älteste von allen.
Man hatte ihn vorgeschlagen, weil sein Bruder, der Schuhmachermeister Anton Hangarter bereits den Militärverein gegründet hatte, und so schloss man auch bei ihm auf Führungseigenschaften.
Die erste Vorstandschaft
1. Vorstand | Robert Hangarter, Küfermeister |
Turnwart | Wilhelm Oberle, Friseur |
Schriftwart und Vorturner | Jakob Hangarter, Arbeiter |
Kassierer | Ferdinand Stöckle, Landwirt |
Vereinsdiener | Hermann Löble |
Weitere aktive Mitglieder | Karl Hangarter, Schreiner Ottmar Ruf, Müller Ludwig Ruf, Robert Löble, Schmied Joseph Frengele, Landwirt Karl Schneider, Knecht |
Das erste Protokoll
Statuten wurden festgelegt und sollten dem Großherzoglichen Bezirksamt Konstanz zur Genehmigung vorgelegt werden.
Für die obligatorischen Turnstunden einigte man sich auf
- Dienstag und Freitag Abend
- 8.00 - 10.00 Uhr
Die Gründungsversammlung schloss mit einem kräftigen «Gut Heil» in der Hoffnung, dass der Verein blühe und gedeihe.
Soweit das erste Protokoll.
Weitere aktive und passive Mitglieder wurden noch im gleichen Jahr eingetragen
Unter ihnen unsere inzwischen 91 Jahre alt gewordenen Senioren Joseph Hangarter, Zimmermeister, und Benedikt Hangarter, Schreinermeister. Beide waren im Laufe der Jahre erste Vorstände und machten sich sehr verdient für den Verein. Spätestens jetzt darf erwähnt werden, daß nicht eigentlich diese elf Männer die ersten Turner in Wangen waren. Bereits im Jahre 1886 hatten die damals in Wangen ansässigen Juden das anfangs erwähnte Universalturngerät angeschafft. Es war ein auf dem Turnplatz festmontierter Barren, der zugleich auch als Reck verwendet werden konnte. Da es seit 1876 Simultanschulen gab, in denen Kinder aller Konfessionen gemeinsam unterrichtet wurden, konnten alle Wangener Buben ab der 4. Klasse dort im Freien turnen. Wangen war das erste Dorf auf der Höri, welches Turnen im Schulunterricht fest eingeplant hatte. Beim jüdischen Lehrer Steinem turnte man gerne. Er war nicht so streng, wissen Joseph und Benedikt Hangarter zu berichten, die ihn noch gut in Erinnerung haben. Die Mädchen allerdings durften damals noch nicht turnen. Sie hatten währenddessen Strickunterricht.